Goldoni verbrachte hier angenehm überrascht einen herrlichen Aufenthalt
(«Es gibt keine Provinz in Italien mit mehr Adel als hier» schrieb
er in der Tat), und er war nicht der einzige. «Ich hielt mich in Gorizia
sechs Wochen lang auf und fand alle Abwechslungen, die ich mir nur wünschen
konnte»: sagte Giacomo Casanova, der sich 1773 in Gorizia aufhielt.
Weit zurückliegende Zeugnisse, die auch heute noch die zurückhaltende
Schönheit einer aristokratischen Stadt beschreiben, die eine geheimnisvolle,
überaus mitteleuropäische Melancholie ausstrahlt. Gorizia ist eine
der atypischsten italienischen Städte; eine Kombination der deutschen
und der venezianischen Welt, die durch die drei wesentlichen europäischen
Kulturen geprägt ist: die lateinische, die slawische und die germanische.
Eine Stadt, die den Italienern vor allem als einer der Herde des ersten Weltkrieges
bekannt ist, ein fürchterliches Ereignis, dessen Ausläufer die Erinnerung
an eine einzigartige und eindrucksvolle Geschichte verdunkelt haben, deren
bemerkenswerte Reichtümer gerade am tausendsten Jahrestag der Geschichte
zutage treten, der offiziell 2001 gefeiert wurde. Das Schloss über der
Stadt, das von einem bezaubernden Viertel umgeben ist, symbolisiert eine tiefgründige
und weit zurückliegende Identität: im Mittelalter war es der Wohnsitz
der mächtigen Grafen von Gorizia, deren Besitztümer sich über
Gebiete erstreckten, die heute in Italien, in Slowenien, in Österreich,
in Böhmen und in Kroatien liegen.
Das Schloss mit seinen strengen und faszinierenden architektonischen Zügen
ist der ideale Ausgangspunkt für einen Besuch in der Stadt. Es ist eines
der schönsten der Region und ist wie der Wohnsitz eines Fürsten
des germanischen Reichs aufgebaut (als solche galten die Grafen von Gorizia);
im Erdgeschoss gelangt man über einen nüchternen Speisesaal mit
angrenzender typisch friaulischer Küche in den Rittersaal, in dem sich
heute eine philologisch nachgestellte Waffensammlung befindet, in der Degen,
Lanzen, Keulen, Helme und Schilder ausgestellt sind, die in Gorizia vom XI.
bis zum XV. Jahrhundert eingesetzt wurden. Im ersten Stock befinden sich die
Repräsentationsräume, wie der eindrucksvolle Saal des Grafen (heute
als Konferenzsaal eingerichtet), der herrliche Saal mit den Musikinstrumenten
des Mittelalters und der weiträumige Salon der Provinzstaaten, in dem
fast ständig international bedeutende Ausstellungen stattfinden. Im zweiten
Stock ist die Kapelle und der große Panoramasaal des Getreidespeichers
zu sehen, der Brennpunkt des geplanten Museum des Mittelalters, das es dem
Besucher ermöglicht – über Modelle, Funde und interaktive Stationen
– auf einfache und direkte Art die Geschichte von Gorizia von 1001 bis 1500
nachzuvollziehen; in diesem Jahr starb der letzte Graf des Geschlechts, Leonardo,
der mit Paola Gonzaga vermählt war, ohne Nachkommen. Leonardo hinterließ
seine zahlreichen Titel und Besitze Maximilian von Habsburg, der auf dieser
Erbschaft das Glück einer Dynastie begründete, die bis 1918 regierte.
Um das Schloss erinnern große Kriegsmaschinen (Mauerbrecher, Wurfmaschinen,
usw.) an die bedeutende defensive und strategische Rolle von einst.
In geringer Entfernung vom Schloss, weiter unten im Viertel, befinden sich die Kirche aus dem 14. Jahrhundert Santo Spirito, das Museum des Großen Kriegs (unerlässlich um ein tiefgreifendes Ereignis der Geschichte unseres Jahrhunderts komplett zu verstehen), das Museum der Mode und der angewandten Künste, die archäologischen Sammlungen und das ethnographische Museum, sowie alle Sammlungen der Provinzmuseen.
Wenn man über die Riva Castello in Richtung Stadt geht, erreicht man
das Herz der Altstadt von Gorizia, den stillen und aristokratischen Piazza
Cavour, der vom Kirchturm des Doms beherrscht wird, und den anliegenden Piazza
Sant’Antonio, der von einer weitläufigen Kolonnade und vom Palast aus
dem 16. Jahrhundert der Freiherrn Lantieri umgeben ist. Über die antike
Via Rastello mit ihren charakteristischen Geschäften erreicht man Piazza
Vittoria, der von den charakteristischen Zwiebeltürmen der Kirche Sant’Ignazio
aus dem 17. Jahrhundert in typisch österreichischem Stil beherrscht wird.
Ganz in der Nähe erhebt sich das schönste Gebäude Gorizias,
der eindrucksvolle Palast Attems-Santacroce, der auf Piazza De Amicis blickt
und Sitz der Provinzmuseen ist. Der Palast wurde nach einem Entwurf von Nicolò
Pacassi aus Gorizia erbaut, einem der bekanntesten habsburgischen Architekten
des 18. Jahrhunderts, der von der Kaiserin Maria Teresa bevorzugt wurde und
den Palast Schönbrunn in Wien, sowie Villen und Paläste erbaut hat,
die auch heute noch auf den Gebieten des ehemaligen habsburgischen Reiches
zu sehen sind.
Ganz in der Nähe auf der Rückseite des Palastes Attems, in Via Ascoli befindet sich das antike Judenviertel mit der Synagoge, die kürzlich als Museum der jüdischen Kultur eingerichtet wurde: eine Omage an die jüdische Gemeinschaft der Stadt, die heute fast vollkommen verschwunden ist, jedoch für die gorizianische und italienische Kultur grundlegend war (man denke nur an herausragende Persönlichkeiten, wie den Philosophen Carlo Michelstaedter, einer der originellsten Denker Mitteleuropas, der zu Beginn des 20. Jahrhunderts lebte, Graziadio Isaia Ascoli, einer der größten europäischen Sprachwissenschaftler, und Carolina Luzzatto, der erste weibliche Direktor einer Zeitschrift in Italien).
An dieser Stelle gibt es zwei Alternativen: Corso Verdi und Corso Italia,
die sich durch die gesamte Stadt ziehen mit ihren eleganten Geschäften
und Cafés im Freien, oder die Abkürzung durch den schattigen und
malerischen Viale XX Settembre, in dem sich ein weiterer Reichtum von Gorizia
befindet, Villa Coronini Cronberg. Umgeben von einem immensen 46000 Quadratmeter
großen Park wurde die Villa (mit immensen dokumentarischen Kunstschätzen)
von ihrem letzen Eigentümer, dem Grafen Wilheln, der Stadt übergeben.
Sie kann besichtigt werden und beherbergt regelmäßig kleine Ausstellungen.
Über Viale XX Settembre erreicht man die Brücke des Torrione, von
der aus man eine der schönsten Aussichten über den Isonzo genießt,
und gelangt über die Straße des Weins und der Kirschen zum Herzen
des gorizianischen Hügels, dem Land der besten italienischen Weißweine
und ebenso hervorragender (wenn auch weniger bekannter) Rotweine.
Gorizia besticht auch durch seine originelle, wenn auch weniger bekannte Küche: italienische, friaulische, österreichische, slowenische, aber auch ungarische und deutsche Rezepte, die von Generation zu Generation überliefert, verfeinert und manchmal auch verdorben wurden, häufig jedoch völlig unverändert geblieben sind, bieten eine wirklich einzigartige Gastronomie mit wohlschmeckenden Zusammenstellungen und Aromen, die man in den typischen Wirtshäusern und den eleganten Restaurants der Stadt genießen kann. Eine entschieden interessante Küche, die von den exzellenten bodenständigen Weinen begleitet wird, den DOC des Collio und des Isonzo: die aromatischen Weißweine Tocai, istrianischer Malvasia, Ribolla, Sauvignon, Pinot Bianco und Grigio und der erlesene Picolit (Meditationswein), sowie die körperrreichen Rotweine Cabernet, Merlot, Pinot, Refosco. Ein typisches gorizianisches Gericht ist der Schinken im Brot, der häufig mit frisch geriebenem scharfem Meerrettich (die Wurzel des Rettichs) auch als Hauptgericht für ein schnelles Mittagessen serviert wird: es handelt sich um ein Ostergericht, das früher nie an Ostern fehlen durfte.
Zu den ersten Gängen zählen vor allem die Suppen und die Gnocchi.
Köstliche und einzigartige Gemüsesuppen, vor allem in geschmacklicher
Hinsicht, sind die Jota (eine Gemüsesuppe aus Sauerkraut, Kartoffeln,
Bohnen und Fleisch oder Schweineschwarten) und die friaulische Graupen- und
Bohnensuppe. Auch bei den zweiten Gängen ist Mitteleuropa gefragt: Muset
und Brovade (Cotechino mit geriebenen weißen und im Trester gegärten
Rüben, eines der typischen Gerichte der friaulischen Küche), Gulasch
(scharf in zahlreichen Variationen und zweifellos von ungarischer Herkunft),
Kaiserfleisch (geräucherte Schweinsrippen, bestreut mit frischem Meerrettich
und mit Sauerkraut oder Brotklößen serviert, das direkt aus Wien
auf den gorizianischen Tisch kommt). Aber in Gorizia klingt auch die Adria
nach, die sich nur vierzig Kilometer entfernt befindet: der Fisch nimmt daher
in allen Gerichten einen besonderen Platz ein und wird vor allem am Freitag
serviert. Und schließlich die Kuchen: der typischste ist der Gubana
di Gorizia, eine köstliche Blätterteigrolle, die spiralförmig
gewickelt und mit trockenem Obst wie Rosinen, Zitronat, Pinienkernen und Nüssen
gefüllt ist und in den Konditoreien und Bäckereien der Stadt erhältlich
ist.