Vom Gipfel des Berges Quarin kündigte eine Rauchsäule Gefahr an,
die Nachricht verbreitete sich von einer Hochburg zur anderen bis nach Carnia:
die Grenzen des Römischen Reichs wurden durch die Völkerwanderung
bedroht.
In Cormòns bleiben von der alten Festung heute nur noch die Trümmerreste eines massiven Wachturms und eine Anhäufung von unregelmäßigen Gesteinsmassen, die den Verlauf der einstigen Mauern erkennen lassen; die Aussicht jedoch, die man von dieser eindrucksvollen Ruine genießt, enthüllt stets eine bezaubernde Vielfalt.
Von den Gipfeln der Alpen senkt sich der Blick zu der sogenannten “Schwelle
von Gorizia”, dem niedrigsten Alpenpass, über den in den damaligen finsteren
Jahrhunderten die barbarischen Volksstämme aus den angrenzenden östlichen
Ebenen nach Italien vordrangen. Umliegend erstrecken sich die Hänge des
Collio mit Weinbergen und Kirschbaumpflanzungen und im Süden die Ebene,
durch die sich der Isonzo schlängelt, bis er im Glanz des Sonnenlichts
in die Adria mündet.
Auf dem Gipfel des Bergs Quarin – mit einem Rundblick bis zum nahegelegenen
Slowenien – versteht man, warum sich Cormòns zurecht als “Herz” des
Collio bezeichnet. Geografischer, aber auch wirtschaftlicher Mittelpunkt:
seit undenklichen Zeiten ist der Ort das Hauptzentrum dieses bezaubernden
Hügelgebiets hinter Gorizia, das heute nicht nur durch seine Weine, sondern
auch dank seiner hervorragenden Restaurants, seiner eleganten Hotels und seiner
komfortablen Landgasthöfe bekannt ist.
Der Ort hat antiken Ursprung (sein Name ist wahrscheinlich keltischer Abstammung und wird von Carmona, das Land der Wiesel, abgeleitet), und war im VIII. Jahrhundert Sitz des Patriarchen von Aquileia; bereits vor Jahrhunderten war er aufgrund seines Wein- und Obstanbaus ein bekanntes Agrarzentrum. Im Mittelalter war er ein Markt- und Handelszentrum, das zwischen dem 17. und 18. Jahrhundert durch Kirchen und Paläste an Ansehen gewann; heute ist es eine ruhige Kleinstadt nach Habsburger Vorbild mit öffentlichen und privaten Gebäuden mit gepflegten Fassaden, Kirchen mit Zwiebeltürmen und einem neuklassizistischen Theater.
Der älteste Teil von Cormòns ist die mittelalterliche “centa” langobardischen Ursprungs, ein Labyrinth von engen und charakteristischen Gassen mit Häusern in lebhaften Pastellfarben, um die sich die Altstadt mit harmonischen Architekturen aus dem 17. und 18. Jahrhundert entfaltet. Hier befindet sich der Dom Sant’Adalberto, ein eindrucksvoller Bau aus dem 18.
Jahrhundert, und der neuklassizistische Palast Locatelli (heute Sitz des Rathauses),
dessen harmonische Fassade den Platz XXIV Maggio beherrscht, der als “Salon”
des Ortes gilt. Die Einwohner von Cormòns lieben es, sich auf diesem
Platz zu treffen, der bereits im Mittelalter als Marktplatz fungierte und
sich heute, dank seiner renommierten Önotheken und eleganten Lokale ideal
für den „Tajut“, den typisch friaulischen Aperitif mit Weißwein
bei angenehmer Unterhaltung eignet. Der Platz XXIV Maggio hat vor allem an
Sommerabenden, an denen es unter den Sternen “spät wird” und man es sich
an den Tischen der Lokale mit Musikuntermalung bequem macht, einen magischen
Zauber.
Beim Schlendern durch Cormòns trifft man auf kleine architektonische Kunstschätze, wie den spätmittelalterlichen Turm der alten Stadtmauer, der heute von den gepflegten Weinreben in via Cancelleria Vecchia umgeben ist, das monumentale Portal mit einer großen darüberliegenden Trifore des Palastes Devetag-Del Mestre aus dem 18. Jahrhundert in via Matteotti 70, die Kirche San Leopoldo (die sich im südwestlichen Teil des Ortes befindet) mit wertvoll geschnitzten Chorstühlen und die Wallfahrtskirche Rosa Mistica, die im 18. Jahrhundert nach einem Entwurf des lombardischen Architekten Carlo Corbellini erbaut wurde.
Direkt vor der Wallfahrtskirche in der Mitte des Platzes Libertà erhebt
sich eine weitere Sehenswürdigkeit von Cormòns, die Bronzestatue
von Maximilian I von Habsburg, die eindrucksvoll auf einem hohen steinernen
Sockel thront. Nostalgie, Revanchismus? Nein, nur Zeugnis einer Vergangenheit
und einer Geschichte, die über Jahrhunderte im Zeichen des österreichisch-ungarischen
Reichs stand. Die Statue wurde bereits 1903 am damaligen Platz Cumano aufgestellt,
um das vierte Jahrhundert der Zugehörigkeit zum großen Reich zu
feiern: es handelte sich um eine Huldigung der Einwohner von Cormòns
an Maximilian I, der 1518 Cormòns das Stadtstatut zuerkannt hatte und
die Einwohner für sechs Jahre von den Steuerabgaben befreit hatte.
Und dies dank der hervorragenden Weine, mit denen sie die Reichsküche belieferten. Mit Ausbruch des ersten Weltkrieges wurde die Statue entfernt, jedoch 1981 auf Wunsch der Einwohnerschaft von Cormòns dank ihrer starken Bindung an die Vergangenheit und die Traditionen erneut auf dem Platz aufgestellt. Aufgrund dieses ausgeprägten Bewusstseins der Einwohner von Cormòns findet am ersten Sonntag im September in Cormòns eine eindrucksvolle geschichtliche Gedenkfeier zu Ehren des Kaisers statt, mit Reiterduellen, Fechtern, Heeren von Landsknechten und einem Zug von mehr als fünfhundert Edelfrauen und Rittern.
Der Gedenkfeier folgt am zweiten Sonntag im September ein weiteres beliebtes
Ereignis, das Traubenfest, eines der ältesten Italiens, das seit mehr
als fünfundsiebzig Jahren am Collio das Ereignis der Weinlese feiert.
Zu diesem Anlass wird den Staatshäuptern weltweit als Aufforderung zum
Frieden und zur Verbrüderung der Wein des Friedens aus der Lese von mehr
als vierhundert Trauben der Weinreben der Welt gesandt, die aus den fünf
Kontinenten stammen und um die Winzergenossenschaft Cormòns, dem Gründer
dieser Initiative, angebaut wurden.