An einem klaren Herbsttag des Jahres 1181 erklomm die Äbtissin des Benediktinerklosters
von Aquileia, Ermelinda, mit zahlreichem Gefolge die erste Anhöhe des
Collio, San Floriano. Sie wollte den Grundbesitz ihres Klosters vergrößern
und die Bauern des Dorfes, die zum Glück noch frei von den späteren
Lehnverpflichtungen waren, verkauften der Äbtissin einige Weinberge und
Felder. Die Namen der Einwohner von San Floriano, die vom Chartarium Monasterii
Aquileiensis überliefert wurden, weisen auf die stolze barbarische Herkunft
ihrer slawischen Vorfahren hin: Bizlau, Stogian, Budin, Zdebor... Eben deren
Ahnen ließen sich zwischen dem V. und dem VI. Jahrhundert im Collio
nieder und verliehen den Überresten der römischen Ansiedlungen neues
Leben. Mit der Bekehrung zum Christentum übernahm das Dorf den Namen
von San Floriano, ein sehr alter Kult im Zusammenhang mit den Versöhnungsriten
des Frühlings und der Fruchtbarkeit der Felder und der Weinreben, die
durch das Wasser symbolisiert wird, dem traditionellen Attribut des Heiligen.
Die Berufung zum Weinbau wurde dem Dorf daher in die Wiege gelegt und begleitet
es in seinem Werdegang bis zum heutigen Tag. Ein archäologischer Fund
an einem der Hänge des Hügels von San Floriano, ¥teverjan auf
Slowenisch, zeugt von einer römischen villa rustica, die dem augusteischen
Zeitalter zugeordnet wird, während weiter oben das Landgut von Dvor an
die ersten Herren des Dorfes erinnert, die Dornberg, die ab dem 14. Jahrhundert
den zehnten Teil der gelesenen Trauben einbehielten. Der Palast und die Kapelle
mit nüchternem Barockinneren von Dvor – der slowenische Ortsname bedeutet
Hof – geht zunächst an die Strassoldo und dann an die Tacco über.
Stets angeregt und teilweise sogar heftig waren die Wortwechsel zwischen den
Untertanen und den Herren zur Zeit der Weinlese. Im 17. Jahrhundert lassen
sich die Formentini aus Cividale im Tabor auf dem Gipfel des Hügels nieder,
der zunächst gegen die Türken und dann gegen Veneter befestigt wurde
und auf dem bereits in längst vergangenen Zeiten die Kirche von San Floriano
existierte, die im Barockzeitalter restauriert, im ersten Weltkrieg zerstört
und 1926 in Anlehnung an den romanischen Stil mit einem luftigen Kirchturm,
wie in Aquileia, wiederaufgebaut wurde. An die religiöse Tradition von
Aquilieia lehnen sich auch heute noch einige Veranstaltungen des Dorfes an,
wie die Prozession der Heiligen Hermagoras und Fortunatus Mitte Juli. Fast
ein Versöhnungsritus, ein Zug, der durch die Weinberge zieht, um die
Gnade einer guten Weinlese zu erbitten.
Im Herbst, nach dem Fest von San Martino, stehen die renommierten Weine von San Floriano (zu den bodenständigen Weißweinen zählen Tocai, Ribolla und Malvasia) den zahlreichen Gästen zur Verfügung, die jährlich auch von weitem kommen, um für einen oder mehrere Tage die Gastfreundlichkeit von San Floriano zu genießen, in einer zeitlosen Ruhe, die nur durch die kontinuierlicher Erneuerung der Natur unterbrochen wird.