|
ie
reizvolle kleine Stadt Cividale del Friuli ist in strategisch
gesicherter Position auf den hohen Felswänden des rechten Natisone-Ufers
entstanden.
Gewisse Anzeichen lassen auf menschliches Leben in diesem Raum bereits
in ur- bzw. vorgeschichtlicher Zeit schließen, aber erst Funde aus römischer
Zeit ermöglichen eine bessere Rekonstruktion der Geschichte dieser
Stadt.
So geht die Gründung von Cividale (Forum Julii) ungefähr
auf das Jahr 50 v.Chr. zurück und wurde von Julius Caesar
aus militärischen Gründen zur Kontrolle der nordöstlichen Alpenpässe
angeordnet. Kurz darauf (wahrscheinlich 49 v.Chr.) wurde die Stadt zur
Municipium erklärt, und nach der Gliederung von Italien in elf Regionen
unter Kaiser Augustus, befand sich Forum Julii in der X. Regio, die später
als Venetia et Histria bezeichnet wurde.
Die Errichtung eines zweiten, weitläufigeren Befestigungs-gürtels
wurde wahrscheinlich von Marc Aurel angeordnet, um die Stadt vor den
Einfällen der Quaden und Markomannen um 168 n.Chr. zu schützen.
Im weiteren Verlauf der Geschichte gehörte Forum Julii zum
Verteidigungssystem der Ostalpen (Claustra Alpium Juliarum) und wurde im
5. Jh. n.Chr. Sitz des Statthalters von Venetia et Histria.
Während der Herrschaft der Goten wurde die Stadt
zum Stützpunkt der clausurae, dem von den Goten im Ost-alpenraum
errichteten Verteidigungssystem. Nach der Ero-berung durch Byzanz, gehörte
sie zum Limes und wurde zur stratia (Militärgarnison).
Als 568 die Eroberung von Italien durch die Langobarden einsetzte, wählte
ihr König Alboin Forum Julii zum Sitz seines ersten Herzogtums, das er
der Herrschaft seines Neffen Gisulfo unterstellte. Die Entscheidung war
keine zufällige, da es sich bei Cividale um die damals am besten
befestigte Stadt der Region handelte.
Der Widerstand von Byzanz war nur schwach und Forum Julii wurde ohne große
Schwierigkeiten eingenommen, sodass vermutet werden kann, dass das spätantike
Stadtbild erhalten geblieben ist.
In Forum Julii residierten der Herzog mit seinem Hofstaat und der Vogt (persönlicher
Vertreter des Königs).
Die Geschichte des langobardischen Herzogtums in Friaul ist mit der des
Patriarchats von Aquileia verflochten. Nach dem Einmarsch der
Langobarden in Italien floh der Bischof von Aquileia Paolino (557-569)
unter Mitnahme des Kirchenschatzes nach Grado. Bereits 557 kam es zum
Schisma der „Drei Kapitel“, als sich die Bischöfe von Aquileia
gegen die Kirche von Rom und Konstantinopel stellten, der ketzerische
Auslegungen vorgeworfen wurden. In weiterer Folge erhoben die Bischöfe
von Aquileia Anspruch auf den Patriarchentitel, den sie mit einer
angeblichen Predigt des heiligen Markus
in Aquileia begründeten. Als sich der in Grado residierende Patriarch
607 mit Rom und Konstantinopel aussöhnte,
wurde mit dem Abt Johannes in Aquileia ein Gegen-patriarch gewählt, der die Jurisdiktion über die Diözesen
auf langobardischem Territorium ausübte, während der in
Grado residierende Patriarch von Aquileia die auf byzantinischem
Territorium gelegenen Diözesen unter sich hatte (Küstenstreifen und
Istrien).
Fortunato, der Nachfolger von Johannes, verlegte zwischen 608 und 628
den Sitz des Patriarchats von Aquileia in das Castrum Cormons. 698
machte der in Cormons residierende Patriarch von Aquileia der
Kirchenspaltung ein Ende und kehrte zur römischen Orthodoxie zurück.
737 verlegte der Patriarch Callisto seine Residenz von Cormons nach
Cividale.
Auf den Patriarchen Callisto geht die Errichtung des Patriarchenpalastes
(im Bereich des heutigen Palazzo der Provveditori Veneti), der Kirche
San Giovanni Battista (beim Domkirchhof) und des Baptisteriums, von dem
das Tegurium noch heute erhalten ist, zurück.
Das 8. Jh. war eine Epoche der politischen und kulturellen Prosperität
für das Herzogtum der Langobarden in Friaul: Cividale wird zu einem Ort
der Begegnung für souveräne und aristokratische Macht, kirchliche
Institutionen und kulturelle Vorherrschaft.
Diesem Jahrhundert verdanken wir bedeutende künstlerische Werke wie den
Altar des Herzogs Ratchis und das Oratorium von Santa Mariain Valle,
das unter dem Namen „Langobardentempel“ berühmt ist. |
|
Unter anderem entstehen die Klöster von Sesto al Reghena, Salt und
Santa Maria in Valle von Cividale.
Diese Blütezeit der Stadt fällt jedoch mit dem Niedergang des
Langobardenreiches zusammen. 773 proklamiert sich der Frankenkönig Karl
zum König der Langobarden und 776 wird Cividale von den Franken besetzt.
Der Name der Stadt wird auf Civitas Austriae geändert.
Das archäologische Nationalmuseum
Die Entstehung der heute im Museum ausgestellten Sammlungen geht auf
Funde bei den Ausgrabungen zurück, die vom gräflichen Domherrn Michele
della Torre Valsassina zwischen 1817 und 1826 auf direkten Befehl von
Kaiser Franz I. (1816) unternommen wurden.
1886 wurde der Beschluss zur Gründung des Museums gefasst und 1889 das
ehemalige Palais der Familie Nordis in Piazza Duomo erworben, das als
erster Museumssitz dienen sollte.
1990 übersiedelte das Museum an seinen neuen Standort im Palazzo dei
Provveditori Veneti auf der östlichen Seite des Domplatzes. Die Planung
des Palazzo wird Andrea Palladio zugeschrieben und seine Errichtung fällt
vermutlich in die Periode zwischen 1565 und 1596. Die Eröffnung des
neuen Museums erfolgte mit der Ausstellung „Die Langobarden“, die in
der Folge, bereichert durch weiteres Material, zu einem permanenten
Museumsbestandteil geworden ist.
Im Museum finden sich vorwiegend langobardische Fundstücke, die von der
Präsenz dieses Volkes in Forum
Julii Zeugnis ablegen. Die Langobarden-Sammlung des Museums von Cividale
nimmt in Italien nach dem römischen Museum des Frühmittelalters, in
dem sich die Funde aus den Gräberfeldern von Castel Trosino und Nocera
Umbra befinden, die zweite Stelle ein.
Darüber hinaus sind im Museum von Cividale weitere Materialien zu sehen,
die vorwiegend aus dem Frühmittelalter stammen und an verschiedenen
Orten der Region gefunden wurden.
Die derzeitige Ausstellung verteilt sich auf zwei
Geschosse: im Erdgeschoss befindet sich die Abteilung für
Steinmetzarbeiten, die in verschiedene Sektoren gegliedert ist: römisch,
Frühmittelalter, romanisch und Renaissance.
Im römischen Sektor sind speziell die Bodenmosaike hervorzuheben,
darunter die aus dem 1. bis 2. Jh. n.Chr. sta-mmenden Mosaike mit der
Darstellung einer Meeresgottheit (der vergottete Natisone oder Ozean),
verschiedene lateinische Inschriften und im Besonderen der Sockel einer
Statue, die dem Kaiser Caracalla gewidmet war.
Im herrschaftlichen ersten Geschoss ist die Langobarden-Abteilung
untergebracht, die auf sieben Säle verteilt ist, eine beachtenswerte
Sammlung langobardischer Münzen, die vor kurzem dem Museum einverleibt
wurde und eine Reihe
von römischen Bronzegegenständen, die in Zuglio Carnico gefunden
wurden.
In der Langobarden-Abteilung sind die Fundstücke aus den verschiedenen
Gräberfeldern ausgestellt. Die wichtigste Quelle, Aufschlüsse über
Leben und materielle Entwicklung der Langobarden zu gewinnen, sind die
Gräber und ihre Ausstattung. Der Brauch der Grabausstattung ist mit
einem Bestattungsritus verbunden, den wir in seiner Gesamtheit nicht
kennen und der sich von Fall zu Fall ändert, jedoch eine präzise
Vision des Jenseits widerspiegelt: nach der Denkweise jener Zeit setzt
der Verstorbene sein Leben nach dem Tod im gleichen gesellschaftlichen
Rang fort und behält auch seine verwandtschaftlichen Bindungen unverändert
bei.
Die Toten wurden in ihrer traditionellen Tracht beerdigt, komplett mit
dem Kleidungszubehör aus Metall sowohl bei Frauen-als auch bei
Männergräbern,
wo die Ausstattung noch durch Waffen ergänzt wurde. Neben diesen
Gegenständen enthielten die Gräber manchmal weitere Schmuckstücke
und zahlreiche sonstige Gegenstände, Grabgeschenke der Angehörigen bei
der Bestattung. Die italienischen Gräber
der eingewanderten Langobarden sind leicht zu erkennen,
da sie die gleichen Bestattungsgebräuche und Grabbeigaben aufweisen wie
die Gräber in Pannonia. |
|