SAN DANIELE DEL FRIULI

         
 

estgeklammert auf einer Anhöhe, die den äußersten westlichen Zipfel im südlichsten und ältesten Rund des Moränenkessels in der Flusslandschaft des Tagliamento bildet, ist San Daniele del Friuli eine betriebsame kleine Stadt und Erbe der freien Kommune des Mittelalters, die ihre Stimme auch im Parlament des Patriarchalstaates erheben konnte und auch nach der Eroberung durch die Republik Venedig das Vorrecht einer besonderen Autonomie genossen hatte, denn die Burg dieser Stadt war einer der wenigen Orte, wo der besiegte Patriarch weiterhin unumschränkt seine direkte Feudalherrschaft ausüben durfte. Und dennoch ist dieses kleine, historisch-künstlerische Schmuckkästchen, die einzige Altstadt nördlich von Udine, in der das urbanistische Gepräge der antiken Strukturen vom heftigen Erdbeben von 1976 nicht zerstört wurde, vor allem durch den „Sandaniele“ berühmt, den unnachahmlichen Schinken, der hier erzeugt wird. Wie die Legende erzählt, wurde die Entscheidung der Patriarchen von Aquileia, gerade in San Daniele eine ihrer Residenzen einzurichten, vom Wunsch beeinflusst, sich stets einen ausreichenden Vorrat dieser seit Jahrhunderten berühmten Köstlichkeit zu sichern: aber, obwohl die Konservierung von Schweinefleisch in Salz bereits in der Antike bekannt war, ist realistischerweise anzunehmen, dass die Gründe für die Entscheidung nicht ganz so „köstlich“ waren; dennoch, die Verarbeitungstechniken haben sich in den Jahrhunderten radikal geändert, was sich nicht geändert hat ist das besondere Klima an diesem Ort, das nicht nur zur Entwicklung einer heute in aller Welt bekannten Gastronomie beigetragen hat, sondern auch seit vorgeschichtlicher Zeit immer wieder Menschen verschiedenster Herkunft dazu bewogen hat, sich auf diesem Hügel anzusiedeln. 
    Die Sage verbindet die Gründung von San Daniele mit dem Langobarden Rodoaldo. Sie erzählt, dass dieser, nachdem er 927 Leone, den Patriarchen von Aquileia getötet hatte, von später Reue erfüllt, als Buße für seine Sünde eine Kirche auf diesem Hügel erbauen ließ;

 

der Reiz dieser Erzählung bleibt weiterhin bestehen, von Archäologen wurde jedoch ein weitaus früheres „Geburtsdatum“ der Stadt nachgewiesen. Durch Funde auf der Spitze des Hügels wird eine Besiedlung bereits 
in der späten Bronzezeit (12.-10. Jh. v.Chr.) dokumentiert, während zwei kultische Bronzestatuen, die der jüngsten Eisenzeit zuzurechnen sind, auf die mögliche Existenz einer Kultstätte der venetischen Bevölkerung (4.-3. Jh. v.Chr.) an diesem Ort bzw. jedenfalls auf eine sporadische menschliche Präsenz im ganzen ersten Jahrtausend vor Christi hinweisen; die Besiedlung setzte sich dann in der Römerzeit fort, wie zahlreiche Reste verputzter Mauern und Bruchstücke von Keramik, Stein, Metall und Glas (1. Jh. v.Chr. bis 4. Jh. n.Chr.) beweisen, die unter der heutigen Kirche San Daniele in Castello entdeckt wurden, neben zahlreichen Funden, die an anderen Stellen im Hinterland von San Daniele gemacht wurden. Dies ist auch nicht verwunderlich, liegt der Ort doch in der Nähe einer der wichtigsten Straßen der regio: die Straße per compendium, die ­ nicht über Aquileia ­ von Concordia nach Noricum führte. 
    Im 5. Jh. verlassen, wurde der Hügel im 7. Jh. wieder besiedelt und vermutlich in der Ära der Frankenherrschaft befestigt; so stammt der älteste Teil der dem Schutzpatron der Stadt geweihten Kapelle aus den Jahren zwischen Ende des 8. und Anfang des 9. Jh. Im 11. Jh. wurde die mit zwei Apsiden versehene Kapelle aus der Karolingerzeit an der Südseite durch ein drittes Schiff mit Apsis vergrößert; an allen Seiten von Gräbern eingesäumt, erfuhr die romanische Kirche zu Beginn des 13. Jh. eine zusätzliche Erweiterung, 1438 einen Umbau, in den Jahren 1666/68 eine erhebliche Umgestaltung und 1747-55 eine völlige Erneuerung. 
    Auf der Hügelspitze entwickelte sich rund um die dem Propheten geweihte Kirche die erste mittelalterliche Ansiedlung: die zahlreichen Eingriffe in das religiöse Gebäude waren sicherlich mit der Neugestaltung der Burganlage und mit der größeren Zahl von  habitatores

 

im Zuge der Feudalherrschaft verbunden; später wurde diese Position jedoch zunehmend aufgegeben und die Zitadelle, Sitz des nach Aquileia und Cividale bedeutendsten öffentlichen Marktes in Friaul, entwickelte sich auf der ganzen Ausdehnung der südwestlichen Terrassierung, um sich allmählich nach unten bis in die Ebene auszubreiten und mit den ländlichen Ansiedlungen der Umgebung zu verschmelzen, die aus den charakteristischen bäuerlichen Gehöften bestanden hatten. 
    Abgesehen von den Daten durch die Ausgrabungen, ist sehr wenig über den Ursprung der auf dem Hügel entstandenen Burg bekannt, die summarisch in einem Schriftstück aus 1203 erwähnt ist;  

 

(fortsetzung folgt )

 
  La facciata del duomo di San Michele arcangelo The façade of the   Cathedral of San Michele Arcangelo Fassade des Doms,   der dem Erzengel Michael geweiht ist